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VWL-Trainer: Hinweise zu den Aufgaben zum Nachlesen

3.5 Vollkommene und unvollkommene Märkte (qualitative Marktbeschaffenheit) - Multiple Choice

Die Aufgaben

Mit Hilfe eines Multiple-Choice-Tests können Fragen zu den Merkmalen des vollkommenen Marktes in Abgrenzung zu unvollkommenen Märkten mit folgenden Schwerpunkten geübt werden:

Bitte beachten Sie: Die einzelnen Aufgaben werden zur Laufzeit generiert. Dabei gibt es zu jeder Frage mehrere sprachlich und inhaltlich unterschiedliche Varianten. Das heißt, dass sich die Tests beim wiederholten Üben unterscheiden. Es ändert sich die Reihenfolge der Fragen, die Reihenfolge der Distraktoren in der jeweiligen Frage und es gibt unterschiedliche Formulierungen der Fragen und der Distraktoren. Es hat also keinen Sinn, sich zu merken, dass bei Frage 1 die Antwort 2 richtig ist usw., sondern man muss jedes Mal die Fragestellung neu erfassen und beantworten.

Zu den einzelnen Antworten erhalten Sie bei der Kontrolle weiterführende Erläuterungen.

Grundsätzliches zu Märkten

Märkte sind Orte des Zusammentreffens von Angebot und Nachfrage. Dabei ist der Prozess, der in der Realität das Angebot mit der Nachfrage zum Ausgleich bringt, sehr komplex. Viele Variablen wie zum Beispiel der Preis, der technische Fortschritt, die Gesetzgebung, das Einkommen, Modetrends usw. usf. bestimmen das Anbieter- und Nachfrageverhalten.

Deshalb arbeitet man in vielen volkswirtschaftlichen Analysen mit einem komplexitätsreduzierten und vereinfachten Grundmodell - dem Modell des vollkommenen Marktes. Ziel dieses Vorgehens ist, im vollkommenen bzw. qualitativ perfekten Modell ökonomische Gesetzmäßigkeiten (zum Beispiel die Wirkungsbeziehungen zwischen dem Preis und der Menge) zu erkennen und zu beschreiben.

Vollkommener Markt

Als Grundvoraussetzung im vollkommenen Markt gilt, dass alle Akteure (Nachfrager und Anbieter) stets rational nach den ökonomischen Prinzipien (Seidel, H.: Grundlagen der Volkswirtschaftslehre, Troisdorf, 2010, S. 118) handeln. Die Markteilnehmer handeln im Sinne eines homo oeconomicus stets gewinn- und nutzenmaximierend.

Gelten die Regeln des vollkommenen Marktes, so gilt auch das Gesetz der Unterschiedslosigkeit der Preise nach Wiliam Stanley Jevons (1835-1882). Es besagt, dass an einem vollkommenen Markt nur ein Preis als Marktpreis existiert (siehe auch: https://de.wikipedia.org/wiki/Jevons%E2%80%99_Gesetz).

Des Weiteren gelten für den vollkommenen Markt folgende Modellannahmen (Prämissen):

1. Vollständige Markttransparenz (Marktübersicht)

In vollkommenen Märkten haben alle Marktteilnehmer stets eine vollständige Übersicht über das Marktgeschehen, die Marktdaten (z. B. Preise) und die Marktentwicklung. Nur durch vollständige Markttransparenz können Marktteilnehmer auf Änderungen der Marktvariablen (Preise) sofort reagieren. Die Anpassungsgeschwindigkeit aller Marktteilnehmer an die neue Marktsituation ist unendlich schnell (vgl.: Henning, A. u. a.: Training Volkswirtschaft, Stuttgart, 1995, S. 48).

2.Homogenität (Gleichartigkeit) der Güter

Die im Modell betrachteten Wirkungszusammenhänge beziehen sich auf ein Gut. Deswegen wird angenommen, dass alle im betrachteten Markt vorhandenen Güter hinsichtlich der Qualität, der Aufmachung, der Verpackung usw. homogen bzw. gleichartig sind. Homogene Güter sind damit untereinander vollständig substituierbar (austauschbar), da es als Modellannahme keine feststellbaren Unterschiede gibt.

3.Abwesenheit räumlicher, persönlicher und zeitlicher Präferenzen

Im perfekten Markt verhalten sich alle Nachfrager präferenzlos, d. h. es gibt innerhalb der Marktbeziehungen keine Bevorzugungen von einzelnen Anbietern oder Nachfragern. Damit sind die Wettbewerbsbedingungen für alle Anbieter und Nachfrager gleich.

Persönliche Präferenzen: Sind Marktteilnehmer miteinander durch langjährige Geschäftsbeziehungen, freundschaftlich, familiär oder durch Sympathie miteinander verbunden und begründet sich ihre Geschäftsbeziehung darauf, so existieren persönliche Präferenzen. Diese Präferenzen werden in dem Modell absoluter Gleichwertigkeit aller Marktteilnehmer ausgeschlossen.

Beispiele

vollkommener Markt: Susanne kauft ihr Brot in der Bäckerei Knusprig, weil dort das Brot am günstigsten ist. Andere Gründe beeinflussen ihre Entscheidung nicht. Alle anderen Annahmen für den vollkommenen Markt sind erfüllt.

unvollkommener Markt: Susanne kauft ihr Brot in der Bäckerei Knusprig, weil ihr dort der Verkäufer sehr sympathisch ist. In anderen Bäckereien wäre das Brot jedoch weit günstiger. Susanne hat eine persönliche Präferenz (Sympathie).

Räumliche Präferenzen (Standortvorteile): Räumliche Präferenzen sind immer dann vorhanden, wenn Standortvorteile Gründe für das Abschließen eines Geschäfts sind. Da im vollkommenen Markt die Gleichheit aller Marktteilnehmer vorausgesetzt wird, kann es keine räumlichen Präferenzen geben. Im Modell behilft man sich mit der Annahme der Existenz eines Punktmarktes. Internet­markt­plätze kommen der Modellannahme ziemlich nahe, zumindest dem Aspekt, dass sich alle Anbieter und Nachfrager an einem, wenn auch virtuellen, Ort befinden.

Beispiele

vollkommener Markt: Zwei Bäckereien liegen dicht beieinander. Susanne kauft das Brot in der Bäckerei, in der es günstiger ist. Andere Gründe beeinflussen ihre Entscheidung nicht. Alle anderen Annahmen für den vollkommenen Markt sind erfüllt.

unvollkommener Markt: Susanne kauft das Brot in der näher gelegenen Bäckerei Lecker, obwohl das Brot in einer weiter gelegenen Bäckerei viel günstiger wäre, aber sie hat einfach keine Lust, den Weg auf sich zu nehmen.

Zeitliche Präferenzen: Sie liegen immer dann vor, wenn ein Geschäft nur darum abgeschlossen wird, weil das Gut schneller verfügbar ist (z. B. aufgrund unterschiedlicher Lieferzeiten). Im vollkommenen Markt ist jedes Gut per Definition gleich schnell verfügbar. Zeitliche Präferenzen können dadurch nicht entstehen.

Beispiele

vollkommener Markt: Alle Anbieter liefern gleich schnell. Susanne bestellt sich eine neue Waschmaschine bei Medienmarkt und nicht bei Jupiter, da die Waschmaschine bei Medienmarkt 100 € günstiger ist. Andere Gründe beeinflussen ihre Entscheidung nicht. Alle anderen Annahmen für den vollkommenen Markt sind erfüllt.

unvollkommener Markt: Susanne bestellt sich eine neue Waschmaschine bei Medienmarkt und nicht bei Jupiter, da sie die Waschmaschine bei Medienmarkt sofort erhält. Bei Jupiter wäre die Maschine 100 € günstiger, Susanne müsste aber drei Wochen auf die Lieferung warten. Susanne hat eine zeitliche Präferenz.

Unvollkommener Markt

Fehlt eine oder mehrere Prämissen (Voraussetzungen) des vollkommenen Marktes, so liegt per Definition ein unvollkommener Markt vor.

Beispiel: Der Handymarkt wird analysiert. Aufgrund unterschiedlichen Designs und verschiedenartiger Funktionalität einzelner Handys ist der Markt bezogen auf die Gleichartigkeit der Güter heterogen (verschieden). Es liegt ein unvollkommener Markt vor.

In der Realität existieren ausschließlich unvollkommene Märkte, da das Modell des vollkommenen Marktes Prämissen setzt, die die Wirklichkeit nicht adäquat abbilden. Zum Beispiel sind Menschen in ihrem Handeln nicht stets rational und sie lassen sich auch nicht ausschließlich von ökonomischen Prinzipien leiten.

In einigen Lehrbüchern wird auf das Beispiel der Börse als fast vollkommenen Markt verwiesen. Das sollte man aber mit Vorsicht genießen. Einerseits ist die Bedeutung von fast vollkommen nicht klar definierbar, andererseits spricht schon das Fehlen der Bedingung der vollständigen Markttransparenz für die Börse als unvollkommener Markt (nicht immer gegebene Gebührentransparenz, zeitliche Benachteiligungen im Zugang zu Informationen im Hochfrequenzhandel usw.). Interessierte finden unter den folgenden Links weiterführende Informationen: https://www.freitag.de/autoren/the-guardian/krieg-gegen-den-blitztransfer und http://www.faz.net/aktuell/finanzen/aktien/katsuyamas-boerse-iex-will-hochfrequenzhandel-ausbremsen-14354384.html.

Viel Erfolg beim Üben.