Holz pro Tisch
Neben den oben beschriebenen ausschließlichen fixen und variablen Kosten gibt es so genannte Mischkosten, die sowohl fixe als auch variable Kostenbestandteile beinhalten. Ein Beispiel hierzu wäre das Gehalt eines Versicherungsvertreters. Er erhält oft ein Fixum = fester Gehaltsbestandteil) und eine flexible Provision (so genannter variabler Gehaltsbestandteil).
Möchte der Unternehmer wissen, wo die Kosten entstanden sind, so richtet er so genannte Kostenstellen ein. Kostenstellen sind Kostenbereiche bzw. "... Orte der Kostenentstehung und damit Orte der Kostenzurechnung." (Haberstock: Kostenrechnung I, Hamburg, 1987, S. 119).
Welche Kostenstellen man letztendlich als Unternehmer einrichtet, hängt davon ab, welche Genauigkeit der Unternehmer bezüglich der Kostenverursachung wünscht oder wie sich die Kostenstellen in der organisatorischen Gliederung des Betriebes wiederfinden sollen. Merken sollte man sich jedoch: Je genauer die Kostenstelleneinteilung, desto genauer wird die Kostenkontrolle sein. Aber es ist auch zu beachten, dass damit die Zuordnung der Belege zu den Kostenstellen immer aufwendiger wird.
Als Instrument der Kostenstellenrechnung dient der so genannte Betriebsabrechnungsbogen.
Zunächst werden im Betriebsabrechnungsbogen die Gemeinkosten aus der Kostenartenrechnung auf die einzelnen vorgegebenen Kostenstellen verteilt (z. B. mit Hilfe von Belegen oder Verteilungsschlüsseln). Im Anschluss daran werden die Kosten der einzelnen Kostenstellen ermittelt und den vorgegebenen Bezugsgrößen (z. B. Einzelkosten) gegenübergestellt, um dann die so genannten Gemeinkostenzuschlagssätze zu ermitteln. Die Gemeinkostenzuschlagssätze werden für die Zuschlagskalkulation innerhalb der Kostenträgerrechnung benötigt.
Darüber hinaus bietet der Betriebsabrechnungsbogen eine Grundlage zur Kostenkontrolle. Kostenschwankungen in einzelnen Kostenbereichen (z. B. in der Verwaltung) sind sofort erkennbar.
Auch lassen sich aus dem BAB die Herstellkosten der Erzeugung, die Herstellkosten des Umsatzes sowie die Selbstkosten des Umsatzes ablesen (weiterführende Informationen: s. Thema 21.6 Einfacher Betriebsabrechnungsbogen (BAB) mit der Ermittlung von Istzuschlagssätzen und Thema 21.7 Einfacher Betriebsabrechnungsbogen (BAB) mit Ist- und Normalzuschlägen).
Wird ein Produkt (z. B. Tisch) hergestellt oder eine Dienstleistung (z. B. Lieferservice) bereitgestellt, so sollte der Kaufmann wissen (z. B. für eine Angebotskalkulation), welche Kosten dieses Produkt oder diese Dienstleistung verursacht hat. Genau dies ist die Aufgabe der Kostenträgerrechnung.
Selbstkostenkalkulation
Die Selbstkostenkalkulation dient der Ermittlung der eigenen Gesamtkosten eines Kostenträgers bzw. Produktes, d. h. der Kaufmann weiß, wie viel das eigene Produkt in der Herstellung kostet. Wichtig ist dabei, dass alle im Leistungsprozess entstandenen Kosten (Material, Fertigung, Verwaltung, Vertrieb) den Kostenträgern verursachungsgerecht zugerechnet werden. Dabei werden bei der Ermittlung der Selbstkosten einzelner Kostenträger sowohl Einzel- als auch Gemeinkosten berücksichtigt.
Mit Kenntnis der Selbstkosten lassen sich für den Kaufmann zum Beispiel Entscheidungen treffen, ob ein Erzeugnis selbst hergestellt oder besser über einen Lieferanten bezogen werden sollte. (make or buy bzw. Eigen- oder Fremdfertigung).
Kalkulationsschema für die Selbstkostenkalkulation
Vorkalkulation
Die Angebotskalkulation für Produkte und Dienstleistungen erfolgt auf der Grundlage der zu erwartenden Einzelkosten und der in den Betriebsabrechnungsbögen (BAB) ermittelten Kalkulationszuschlagssätze (Normalzuschlagssätze). Die Normalzuschlagssätze sind gemittelte vergangenheitsbezogene Gemeinkostenzuschlagssätze (z. B. aus den letzten drei BAB).
Mit anderen Worten heißt das, dass die in der Vorkalkulation kalkulierten Selbstkosten für den zu erstellenden Auftrag angenommen werden; diese Kosten sind also wahrscheinlich, weil sie, wenn der Auftrag in der Vergangenheit angenommen worden wäre, in dieser Höhe angefallen wären.
Aufbauend auf der Selbstkostenkalkulation mit Normalzuschlagssätzen setzt sich das Kalkulationsschema für eine komplette Vorkalkulation wie folgt fort:
Nachkalkulation
Ist das Angebot von Kunden angenommen und der Auftrag ausgeführt worden, ermittelt man im Rahmen einer Nachkalkulation, ob die vorab angenommenen mit den tatsächlichen Kosten übereinstimmen. Die tatsächlich angefallenen Zuschlagssätze kann man dem während der Produktionsperiode erstellten BAB entnehmen. Es sind die Ist-Zuschlagssätze. Die Nachkalkulation dient damit der Erfolgskontrolle. Das Kalkulationsschema der Nachkalkulation entspricht dem der Vorkalkulation.
Mit Hilfe der Kostenträgerzeitrechnung lassen sich sowohl die verschiedenen Kosten (Herstellkosten der Fertigung/ Herstellkosten des Umsatzes und der Selbstkosten) als auch der Betriebserfolg jedes Kostenträgers innerhalb einer Periode (z. B. Monat/Quartal) ermitteln. Dies geschieht im so genannten Kostenträgerblatt (auch BAB II genannt). Das Kostenträgerblatt ist senkrecht ähnlich einer Kalkulation aufgebaut, bei der jedoch waagerecht zunächst die gesamten Kosten und daneben die Kosten der einzelnen Kostenträger eingetragen werden.
Beispiel für den Ansatz zur Gliederung eines Kostenträgerblattes:
Kalkulationsschema | Kosten gesamt | Kostenträger 1 | Kostenträger 2 |
---|---|---|---|
Fertigungsmaterial | 1.000,00 | 600,00 | 400,00 |
+ Fertigungsmaterialgemeinkosten | ... | ||
= Fertigungskosten | |||
... |
Die verschiedenen Kostenstufen (z. B. Herstellkosten der Fertigung) können in der Kostenträgerzeitrechnung sowohl mit Istkosten als auch Normalkosten ermittelt werden. Das hängt davon ab, welches Ergebnis der Kaufmann ermitteln möchte. Istkosten spiegeln die tatsächlich entstandenen Kosten wider; mit Hilfe der Normalkosten kann der Kaufmann die im Zeitraum erwarteten Kosten abschätzen.
Werden den Selbstkosten des Umsatzes die Nettoumsatzerlöse aus der Finanzbuchhaltung gegenübergestellt, so lässt sich der Betriebserfolg insgesamt und der Betriebserfolg bzw. die Ertragskraft je Kostenträger ermitteln.
Im Gegensatz zu den oben dargestellten Kostenrechnungen, bei der alle Kosten unabhängig von ihrer Art berücksichtigt und auf die einzelnen Kostenträger aufgeschlagen werden (Vollkostenrechnungen), werden bei der so genannten Deckungsbeitragsrechnung die variablen von den fixen Kosten getrennt. Es liegt damit eine Teilkostenrechnung vor.
Folgende Ausführungen sollen das näher erläutern.
Bei der stückbezogenen Deckungsbeitragsrechnung wird die Differenz aus den Erlösen und den variablen Kosten je Stück ermittelt:
Erlöse (Stück) - variable Kosten (Stück) = Deckungsbeitrag (Stück)
Im Rechnungswesen bzw. in der Betriebswirtschaftslehre verwendet man die Schreibweise:
e – kvar = db
Hinweis: Entsprechend der allgemeinen Konvention in den Lehrbüchern stehen Kleinbuchstaben in der Formel für eine Stückbetrachtung und Großbuchstaben für eine Gesamtbetrachtung.
Der ermittelte Deckungsbeitrag ist also der Betrag, der zur Deckung der fixen Kosten verwendet werden kann.
Beispiel einer Stückdeckungsbeitragsrechnung:
Verkaufspreis pro Stück, z. B. 1 Tisch | 80 € |
- variable Kosten pro Stück, z. B. 1 Tisch | 40 € |
= Deckungsbeitrag pro Stück | 40 € |
Für den Unternehmer stehen 40 € pro verkauften Tisch zur Deckung der fixen Kosten zur Verfügung.
Aus dem Ausgeführten kann der scharfsinnige Leser erkennen, dass es durchaus sinnvoll sein kann, kurzfristig einen Auftrag anzunehmen, auch wenn nicht die gesamten fixen Kosten gedeckt sind, sofern pro Einheit ein positiver Deckungsbetrag erwirtschaftet wird, der zur Deckung der fixen Kosten verwendet werden kann. Jeder zusätzliche Deckungsbeitrag erwirtschaftet grundsätzlich eine Verminderung des Unternehmensverlustes. Ziel eines Unternehmers sollte es jedoch langfristig sein, eine 100-prozentige Deckung der Fixkosten zu erreichen bzw. darüber hinaus einen Gewinn zu erwirtschaften.
Auch für eine Periode (z. B. Monat, Quartal etc.) lassen sich die erwirtschafteten Deckungsbeiträge errechnen. Stellt man den Deckungsbeiträgen die in der Periode angefallenen Fixkosten gegenüber, so lässt sich das Betriebsergebnis für die betrachtete Periode ermitteln und so aus einer periodengerechten Deckungsbeitragsrechnung in eine periodengerechte Erfolgsrechnung erweitern.
Beispiel: periodengerechte Erfolgsrechnung der Möbelfabrik Wurm e. Kfm. für den Monat Januar bei angenommenen fixen Kosten von 15.000 €
Schrank | Tisch | gesamt | |
---|---|---|---|
Umsatzerlöse | 40.000 € | 20.000 € | |
- variable Kosten | 20.000 € | 18.000 € | |
= Deckungsbeitrag (I) | 20.000 € | 2.000 € | 22.000 € |
- fixe Kosten | 15.000 € | ||
= Betriebsergebnis | 7.000 € |
Hat man die variablen und fixen Kosten aufgeteilt und kennt die Erlösfunktion (Erlöse = Menge · Preis), so lässt sich für das Produkt x der Punkt bzw. Beschäftigungsgrad berechnen, bei dem die Erlöse (E) mit den Kosten (K) übereinstimmen (E(x)=K(x)). Man bezeichnet diesen Schnittpunkt auch als Gewinnschwelle bzw. break-even-point (bep). Sind die Umsatzerlöse kleiner als die Gesamtkosten, so liegt ein Verlust vor. Liegen demgegenüber die Umsatzerlöse über den Gesamtkosten, so befindet man sich in der Gewinnzone.
Berechnung der Gewinnschwelle unter der Bedingung eines linearen Kostenverlaufs
Gewinnschwelle (bep) | = | gesamte Fixkosten |
Erlöse (Stück) – variable Kosten (Stück) |
Gewinnschwelle (bep) | = | gesamte Fixkosten |
Deckungsbeitrag (Stück) |
Entsprechend der in den Lehrbüchern häufig verwendeten Darstellungsweise schreibt man auch:
Gewinnschwelle (bep) = | Kfix |
e - kvar |
Gewinnschwelle (bep) = | Kfix |
db |
Beispiel einer Gewinnschwellenrechnung:
Das Unternehmen Wurm hat bei der Produktion von Tischen anteilige Fixkosten in Höhe von 1.000 €. Ein Tisch wird für 80 € verkauft und wird mit 40 € variable Kosten (z. B. Holz) produziert.
Gewinnschwelle (bep) = | 1.000 € |
80 € - 40 € | |
Gewinnschwelle (bep) = | 1.000 € |
40 € |
Gewinnschwelle (bep) = 25
Werden 25 Stück produziert und verkauft, so liegen die Erlöse und die Kosten gleichauf. Für jeden darüber hinaus verkauften Tisch wird ein Gewinn erwirtschaftet.
Finanzbuchhaltung (Rechnungskreis I) | Kosten- und Leistungsrechnung (Rechnungskreis II) | |
---|---|---|
Adressaten | intern (der Unternehmer selbst) und extern (z. B. Finanzamt, Bank) | intern (der Unternehmer selbst) |
gesetzliche Grundlagen | unterliegt gesetzlichen Vorschriften | unterliegt keinen gesetzlichen Vorschriften |
Bezug | unternehmensbezogen | betriebsbezogen |
Aufgaben | u. a.: Dokumentation der Geschäftsfälle, Aufstellung des Jahresabschlusses | u. a.: Erfassung des betrieblichen Werteverzehrs bzw. Werteverbrauchs, Durchführung von Kostenanalysen, Ermittlung von Zuschlagssätzen für die Kalkulationen, Durchführung von Kalkulationen, Ermittlung der Anteile des Erfolgs einzelner Produkte am betrieblichen Gesamterfolg |
Begrifflichkeiten | Aufwand/Ertrag | neutrale Aufwendungen/neutrale Erträge/Kosten/Leistungen |
Ergebnis | Gesamtergebnis (GuV) | Betriebsergebnis, neutrales Ergebnis |
Viel Erfolg beim Üben.